Zum Umfang eines planerischen Mitverschuldens des Auftraggebers bei Mängelansprüchen aus § 13 VOB/B
Vorschau-Bild: © Daniel Jedzura / shutterstock
Zum Umfang eines planerischen Mitverschuldens des Auftraggebers bei Mängelansprüchen aus § 13 VOB/B
Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de
Leitsätze:
1. – 7. …
8. Beruht der Mangel des Bauwerks auf einer für den Auftragnehmer erkennbar mangelhaften Planung oder Ausschreibung, wird der Auftragnehmer von seiner Gewährleistungsverpflichtung auch ohne Bedenkenhinweis frei, wenn dem Auftraggeber die Funktionseinschränkung der vereinbarten Ausführung des Werks bekannt ist und er sich in Kenntnis dessen eigenverantwortlich für diese Ausführung entschieden hat.
9. Auch wenn der Auftraggeber selbst über Sachkunde verfügt bzw. sich die Sachkunde seines Architekten oder Fachplaners zurechnen lassen muss, führt dies allein nicht zum Wegfall der Haftung des Auftragnehmers. Eine Enthaftung kommt nur dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer berechtigterweise auf die größere Fachkenntnis des Auftraggebers vertrauen darf oder er sich sicher sein kann, dass der fachkundige Auftraggeber die Mangelhaftigkeit des Werks gemäß der Planung/Ausschreibung erkannt und bewusst in Kauf genommen hat. Dies setzt voraus, dass der Auftragnehmer verlässlich davon ausgehen darf, dass dem Auftraggeber bzw. dessen (Fach-)Planer trotz deren Fachkunde kein Fehler unterlaufen war.
10. – 11. …
12. Der Umfang eines planerischen Mitverschuldens des Auftraggebers richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Der Einwand des Mitverschuldens ist dem Auftragnehmer nur dann abgeschnitten, wenn er die Mangelhaftigkeit seines zu schaffenden Werks positiv gekannt hat oder sich ihm die Mangelhaftigkeit förmlich aufdrängen musste.
OLG Stuttgart, Urteil v. 17.12.2024 – 10 U 23/24
Praxishinweis:
Die Auftraggeberin (Klägerin) nimmt die beklagten Auftragnehmer gesamtschuldnerisch zunächst auf Zahlung von Kostenvorschuss, sodann auf Schadensersatz für Nachbesserungsarbeiten an der Gebäudefassade eines errichteten Büro- und Ladenkomplexes und Feststellung ihrer Ersatzpflicht für weitere Schäden in Anspruch. Mit der Beklagten zu 1. hatte die Auftraggeberin einen Generalunternehmervertrag zur Errichtung des Büro- und Ladenkomplexes geschlossen, der Beklagte zu 2. war mit der Planung beauftragt. Der Generalunternehmervertrag enthielt die Regelung vor, dass der Beklagte zu 1. Planungsdefizite der Ausführungsplanung korrigieren sollte, dies ggf. unter Hinzuziehung von Fachplanern.
Entgegen den brandschutzrechtlichen Vorgaben der für das Bauvorhaben erteilten Baugenehmigung plante der Beklagte zu 2. die Fassadenentwässerung des Objektes mit schwer entflammbaren Kunststoffrohren (HT-Rohren) anstelle von nicht brennbaren Stoffen. Bedenkenanmeldungen der Beklagten zu 1. erfolgten nicht. Die Beklagte zu 1. setzte die Planung des Beklagten zu 1. um.
Nach Abnahme der Fassade im Dezember 2014 kam es im August 2016 zu einem Schwelbrand in den Entwässerungsrohren der Außenfassade, der einen Feuerwehreinsatz erforderlich machte. Grund hierfür war, dass eine Zigarettenkippe in ein Entwässerungsrohr geworfen worden war. Das zuständige Baurechtsamt gab der Auftraggeberin daraufhin auf, die HT-Rohre gegen nicht brennbare Rohre auszutauschen. Dieser Aufforderung kam die Auftraggeberin nach.
Sie möchten diesen Artikel weiterlesen, dann melden Sie sich bitte mit Ihren Zugangsdaten an. Sie haben noch keine Zugangsdaten? Dann können Sie sich hier registrieren.