Nachforderung von Hersteller- und Typenbe­zeichnungen im Vergabe­verfahren

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Nachforderung von Hersteller- und Typenbezeichnungen im Vergabeverfahren

Dr. Frank Stollhoff
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
www.ts-law.de

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Leitsatz:

1. Hersteller- und Typenbezeichnungen sind Kernbestandteil des Angebots und dürfen daher nicht nachgefordert werden.

2. Die Abgabe mehrerer Hauptangebote ist grundsätzlich zulässig, wenn diese sich in technischer Hinsicht unterscheiden.

3. Wenn ein Bieter mehrere technisch identische Hauptangebote eingereicht hat, scheidet eine Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise aufgrund der ansonsten möglichen Wettbewerbsbeeinflussung aus.

Vergabekammer Lüneburg, Beschluss vom 24.08.2015 – VgK-28/2015

Praxishinweis:

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war die europaweite Ausschreibung für Trockenbauarbeiten für eine Erweiterung und bauliche Anpassung eines Schulzentrums. Vergabeart war das offene Verfahren gemäß VOB/A-EG. Nebenangebote waren nicht zugelassen; Alleiniges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Das Langtext-Leistungsverzeichnis der Vergabestelle verlangte für die Elemente von Akustikdecken die Angabe technischer Spezifikationen sowie die Benennung von Hersteller und Typ der angebotenen Elemente. Diese waren durch Bietereintragung im LV auszufüllen. Die Abgabe selbst gefertigter Abschriften oder Kurzfassungen des Leistungsverzeichnisses war zulässig. Die Langfassung sollte nach den Bewerbungsbedingungen allein verbindlich sein.

Die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren gab zwei Angebote ab, die nicht nach Haupt-, Alternativ- oder Nebenangebot gekennzeichnet waren und sich allein im Preis unterschieden. Beide Angebote enthielten das Kurztext-Leistungsverzeichnis, Hersteller- und Typangaben zu den Akustikdecken waren von der Antragstellerin nicht angegeben worden. Die Vergabestelle beabsichtigte, das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen, da diese die Fabrikatsangaben nicht gemacht hatte. Die Antragstellerin rügte daraufhin, dass diese Fabrikatsangaben gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EG zwingend von der Vergabestelle nachgefordert werden müssten. Die Vergabestelle wies die Rüge daraufhin mit der Begründung zurück, dass die geforderten Fabrikatsangaben integrale Angebotsbestandteile seien, die nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr.  3 VOB/A-EG der Nachforderung unterliegen würden.

Im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Lüneburg verwies die Antragstellerin insbesondere darauf, dass die Vergabestelle es zugelassen hätte, Kurz-Leistungsverzeichnisse ohne Fabrikatsangaben mit vorzulegen. Die Vergabekammer Lüneburg hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.


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