Einheitliche Verjährungshemmung im selbstständigen Beweisverfahren

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Einheitliche Verjährungshemmung im selbstständigen Beweisverfahren (§ 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B i. V. m. § 204 Abs.1 und 2 BGB)

Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de

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Leitsätze:

1. Ein selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten Beweissicherung anderweitig beendet im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09 Rn. 11 m.w.N.).

2. Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbstständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer – auch voneinander unabhängiger – Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Aufgabe von BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329).

Bundesgerichtshof, Urteil v. 22.06.2023 – VII ZR 881/21
 

Praxishinweis:

Die Auftraggeberin (Klägerin) beauftragte die Auftragnehmerin (Beklagte) unter Einbeziehung der VOB/B mit der Herstellung einer Betonfertigteilfassade eines Gebäudes. Für Mängelgewährleistungsansprüche galt eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Die Leistungen der Beklagten umfassten u.a. die Herstellung einer Attika sowie Vorhangfassaden mittels Betonfertigteilelementen und Betonlamellen vor den Fenstern. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Mängelrechte wegen Rissen in der Attika und wegen Durchbiegungen der an der Betonfertigteilfassade angebrachten Beton-Fensterlamellen geltend.

Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. In diesem Verfahren wurde ein Gutachten nebst mehrerer Ergänzungsgutachten eingeholt. Der Sachverständige stellte unter anderem Risse im Attikabereich sowie Durchbiegungen der Beton-Fensterlamellen fest. Die Klägerin nahm zum ersten Ergänzungsgutachten Stellung, ohne sich zu den Rissen in den Attikaelementen zu äußern. Das selbständige Beweisverfahren wurde sodann hinsichtlich der Beton-Fensterlamellen fortgesetzt. Die Risse in den Attikaelementen waren nicht mehr Gegenstand der weiteren Ergänzungsgutachten. Die letzte in dem Verfahren vom Landgericht gesetzte Frist zur Stellungnahme endete mit Ablauf des 23.03.2015, ohne dass die Parteien hiervon Gebrauch machten.
 

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