Die neue VOB/A

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Die neue VOB/A

Dr. Mark von Wietersheim

Im April 2014 hat die Europäische Union neue Vergaberichtlinien veröffentlicht. Sie treten an die Stelle der von der EU fast genau 10 Jahre früher erlassenen Vergaberichtlinien aus 2004. Die neuen Vergaberichtlinien waren bis zum 18.04.2016 in deutsches Recht umzusetzen. Diese Umsetzung erfolgt auf gesetzlicher Ebene durch Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), eine neue Vergabeverordnung (VgV) und – gesetzestechnisch darunter – durch eine neu VOB/A 2016, die alle ab dem 18.04.2016 anzuwenden sind.

Das europäische Vergaberecht gilt allerdings nur für die Vergaben von Bauaufträgen mit einem Auftragswert von mehr als 5,225 Mio. €. Betrachtet wird das gesamte Bauvorhaben, so dass auch kleinere Lose solcher Vorhaben unter das EU-Vergaberecht fallen. Für diese Bauaufträge gilt der 2. Abschnitt der VOB/A, die VOB/A-EU; man spricht auch von Vergaben im Oberschwellenbereich. Änderungen in der VOB/A gibt es aber auch für Aufträge mit niedrigeren Auftragswerten, diese sind durch die VOB/A 1. Abschnitt geregelt und werden auch als Unterschwellenvergaben bezeichnet.

Regelungen für das europäische Vergaberecht sind im zweiten Abschnitt der VOB/A zu finden – dieser 2. Abschnitt wurde bisher kurz als VOB/A-EG bezeichnet und wird jetzt mit VOB/A-EU abgekürzt. Im ersten Abschnitt geht es um die Aufträge mit niedrigeren Werten. Man sieht es den einzelnen Vorschriften genau an, in welchem Abschnitt sie zu finden sind. Vorschriften der VOB/A-EU haben immer den Zusatz „EU“, z.B. § 7 EU Abs. 1 VOB/A. Diese Zitierweise ist in einer Fußnote der VOB/A vorgegeben.

Die VOB/A hat sich schon rein optisch geändert. Die Paragraphen-Nummern waren bisher immer glatte Zahlen, jetzt finden sich ganz viele „Buchstaben“-Paragraphen, also z.B. § 7a VOB/A, § 7b VOB/A usw. Das liegt aber nicht daran, dass es neue Regelungen gibt, sondern dient nur der optischen Verkürzung der einzelnen Vorschriften. So war der bisherige § 7 VOB/A (die Leistungsbeschreibung betreffend) mit 15 Absätzen auf gut 4-5 Druckseiten ziemlich lang. Daher wurde der Text (oft praktisch unverändert) in kleine Blöcke aufgeteilt, die jeweils eine eigene Paragraphen-Nummer erhalten haben.

Die größeren Änderungen gab es in der VOB/A-EU. Nicht alles davon wurde auch im ersten Abschnitt der VOB/A umgesetzt. Diese etwas größere Konstanz im Unterschwellenbereich kann auch als etwas Gutes angesehen werden. Veränderungen führen immer zu Anpassungsbedarf und zwingen den Anwender dazu, sich mit Vorschriften zu befassen – obwohl er eigentlich ganz andere Dinge zu tun hat. Andererseits dienen neue Vorschriften dazu, genau diese anderen Dinge leichter und erfolgreicher zu machen – so zumindest die Idee.

So haben also Veränderungen und Konstanz je ihre gute Seite. Allerdings muss man zur Zeit der Manuskripterstellung darauf hinweisen, dass derzeit noch weitere Änderungen des Abschnitt 1 der VOB/A diskutiert werden.

In diesem Beitrag sollen aber vor allem die Veränderungen dargestellt werden, geht es doch um eine neue VOB/A. Zuerst sollen die neuen Regelungen der VOB/A-EU für die Oberschwellenvergaben dargestellt werden, dann die der VOB/A 1. Abschnitt für die Unterschwellenvergaben.

Die VOB/A-EU 2016

Bei der grundsätzlichen Frage, welches Verfahren der Auftraggeber wählen kann, hat sich etwas Wichtiges verändert. In der VOB/A-EU sind offenes und nicht offenes Verfahren zukünftig frei wählbar. Bei beiden Verfahren muss der Auftraggeber eine Bekanntmachung veröffentlichen. Beim offenen Verfahren kann weiterhin jedes interessierte Unternehmen ein Angebot abgeben. Beim nicht offenen Verfahren sucht der Auftraggeber dann aus den Bewerbern die Unternehmen aus, die er zur Abgabe eines Angebotes auffordert. Der Auftraggeber hat dabei nicht die freie Auswahl, sondern muss sich an die Kriterien halten, die er veröffentlicht hat. Natürlich dauert auch dieses Verfahren der Bieterauswahl seine Zeit, außerdem verengt sich der Wettbewerb auf die aufgeforderten Bieter. Das schnellere Verfahren mit mehr konkurrierenden Angeboten bleibt das offene Verfahren.

Ab dem 18.04.2016 müssen öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen kostenlos und frei zugänglich digital bereitstellen, und zwar ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung. Das ermöglicht es jedem interessierten Unternehmen, schnell und unverbindlich die Unterlagen durchzusehen und zu überlegen, ob sich die Erstellung eines Angebotes lohnt. Dies gilt für alle Verfahrensarten, also auch für das nicht offene und das Verhandlungsverfahren.


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