Aufklärungspflicht des Auftragnehmers bei Lücken und Unklarheiten im Leistungsverzeichnis des Auftraggebers

Vorschau-Bild: © Daniel Jedzura / shutterstock 

Aufklärungspflicht des Auftragnehmers bei Lücken und Unklarheiten im Leistungsverzeichnis des Auftraggebers

Dr. Jörg Deutscher
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
www.ts-law.de

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Leitsätze:

1. Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber nach Vertragsschluss auf Lücken und Unklarheiten im Leistungsverzeichnis hinzuweisen.
2. Verletzt der Auftragnehmer seine Aufklärungspflicht schuldhaft, steht dem Auftraggeber ein Anspruch auf Ersatz des hieraus entstandenen Schadens zu. Zudem scheidet ein Annahmeverzug des Auftraggebers aus.

OLG Celle, Urteil vom 29.06.2022 – 22 U 1689/20

Praxishinweis: 

Der Auftraggeber, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Handwerks, beauftragte den Auftragnehmer mit der Reinigung der Fassade ihres Ausbildungszentrums zum Gesamtbrutto-Preis von € 39.735,89. Die Parteien hatten eine Leistung aufgrund von Einheitspreisen vereinbart. Der Beauftragung lag ein Leistungsverzeichnis zu Grunde, das ein Architekturbüro für den Auftraggeber erstellt hatte. Hierin fehlte die Position "Spülwasserentsorgung". Für eine funktionale Leistungserbringung durch den Auftragnehmer war diese Position aber zwingend erforderlich. Der Auftragnehmer behauptete Annahmeverzug des Auftraggebers im Umfang von 10 Tagen und machte mit einem Nachtrag Kosten von € 3.896,00 geltend.

Das OLG folgte dem Auftragnehmer nicht. Der Auftraggeber befand sich nicht im Annahmeverzug, weil der Auftragnehmer seinerseits eine Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzte.

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