Aufhebung einer Ausschreibung wegen unangemessen hoher Preise

Vorschau-Bild: © Daniel Jedzura  / shutterstock 

Aufhebung einer Ausschreibung wegen unangemessen hoher Preise

Dr. Rolf Theißen
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Lehrbeauftragter für Bau- und Vergaberecht
www.ts-law.de

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1. Eine Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn keinem Angebot wegen unangemessen hohen Preises der Zuschlag erteilt werden kann.

2. Der Maßstab für die Ermittlung eines angemessenen Preises und damit für die Beurteilung, ob ein Preis unangemessen hoch ist, können Angebote anderer Bieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, für vergleichbare Leistungen vom Auftraggeber gezahlte oder ihm angebotene Preise, eigene Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieurbüros sein.

3. Für einen zulässigen Vergleich zwischen der Kostenschätzung des Auftraggebers und dem gebotenen Preis müssen das der Kostenschätzung zu Grunde liegende Leistungsverzeichnis sowie das Leistungsverzeichnis der Ausschreibung übereinstimmen. Zudem müssen die bei der Kostenschätzung gewonnenen Ergebnisse als vertretbar erscheinen.

4. Bei der Frage der Angemessenheit des Preises ist auf den Gesamtpreis abzustellen und nicht auf einzelne Preispositionen.

VK Thüringen, Beschluss vom 28.02.2020 - 250-4002-21/2020-E-002-IK
 
Praxishinweis: 
Ein in der Vergabepraxis häufig auftretendes Problem besteht darin, dass die Ausschreibungsergebnisse – also auch das günstigste Angebot – deutlich über dem Kostenbudget des Auftraggebers liegen. Dem Kostenbudget liegt in der Regel eine Kostenberechnung des Planers zugrunde, welche im Rahmen der Leistungsphase 3 erstellt wurde. Die vorstehende Entscheidung der Vergabekammer Thüringen beschäftigt sich mit den Voraussetzungen einer vergaberechtskonformen Aufhebung bei unangemessen hohen Angebotspreisen. Im Falle einer Bauausschreibung ist Voraussetzung, dass ein Aufhebungsgrund nach § 17 VOB/A besteht. Die mangelnde Finanzierungsbarkeit eines Vorhabens kann ein „schwerwiegender Grund“ im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A sein. Dies ist im Falle einer angenommenen Unwirtschaftlichkeit der Angebotspreise allerdings an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere ist zu beachten:

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