Was ist bei der Angebotsabgabe in Textform zu beachten?

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1. Die Angebotsabgabe in Textform erfordert die Nennung der Person des Erklärenden und die Kenntlichmachung des Abschlusses der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders. Der Abschluss einer Erklärung kann auf verschiedene Weise kenntlich gemacht werden, etwa durch die Nennung des Namens am Textende, ein Faksimile, eine gescannte Unterschrift, den Zusatz „diese Erklärung ist nicht unterschrieben“, eine Datierung oder eine Grußformel.

2. Verlangt der Auftraggeber ausdrücklich, dass im Angebot der Name des Erklärenden zu nennen ist, ist ein etwaiger Vergaberechtsverstoß insoweit aus den Vergabeunterlagen erkennbar.

In dem Verfahren vor dem OLG Karlsruhe ging es um die Frage, ob ein Angebot ausgeschlossen werden darf, das elektronisch in Textform abzugeben war und bei dem weder die Person des Erklärenden genannt noch der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht wurde.

Sachverhalt:
In den Vergabeunterlagen zum europaweit offen ausgeschriebenen Fachlos „Fassaden- und Sonnenschutzarbeiten“ wurden die Bieter aufgefordert, die Angebote elektronisch in Textform abzugeben und die von der Auftraggeberin vorgegebenen Vordrucke zu verwenden. Das Formblatt zum Angebotsschreiben enthält die Überschrift „Angebot“, die durch Fettdruck und Schriftgröße hervorgehoben ist. Auf Seite eins befindet sich links oben ein Textfeld, das ausweislich einer Fußnote vom Bieter mit dessen Namen und Anschrift auszufüllen ist. Das Formblatt endet auf Seite vier mit einem Kasten mit folgenden Angaben: „Ort, Datum, Stempel und Unterschrift (bei schriftlichem Angebot)“. Unterhalb dieses Feldes befindet sich fettgedruckt der Hinweis auf einen Angebotsausschluss, wenn ein elektronisch übermitteltes Angebot in Textform nicht den Namen der natürlichen Person enthält, die die Erklärung abgibt.

Das Formblatt „Angebotsschreiben“ der Antragstellerin enthielt keine Eintragung, wer das Angebot abgeben hat. Dagegen führten das Deckblatt zum Angebot, das Kurzleistungsverzeichnis und das die Eigenerklärungen enthaltende Formblatt die Unterschrift und den Geschäftsführer der Antragstellerin auf. Auf dem Deckblatt stand der Hinweis, dass dieses nicht das Angebotsschreiben aus den Vergabeunterlagen ersetzt. Die von der Auftraggeberin verwendete E-Vergabeplattform erzeugte automatisch ein Übergabeprotokoll, das unter der Rubrik „Bieterdaten“ u. a. den Firmennamen und die Anschrift der Antragstellerin aufführte.

Nachdem die Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt hatte, dass sie ihr Angebot ausschließen wolle, weil das Formblatt „Angebotsschreiben“ nicht unterschrieben/signiert worden sei, rügte die Antragstellerin den Ausschluss als vergaberechtswidrig. Eine Unterschrift sei nicht gefordert worden und die Auftraggeberin habe auch nicht von § 13 EU Abs. 1 Nr. 1, 11 EU Abs. 5 VOB/A Gebrauch gemacht.  Vielmehr habe sie die Anforderung, den Namen der natürlichen Person anzugeben, die die Erklärung abgegeben habe, erfüllt. Denn diese Angaben ergäben sich aus der Gesamtheit der Angebotsunterlagen, die auf die Vergabeplattform hochgeladen worden seien. Die Auftraggeberin wies die Rüge zurück, die Vergabekammer den anschließenden Nachprüfungsantrag der Antragstellerin.

Hiergegen wendete sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Aus den Gründen:
Nach Ansicht des OLG Karlsruhe hat die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin nach §§ 16 EU Abs. 1 Nr. 2, 13 EU Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 11 EU Abs. 4 VOB/A 2019 zu Recht ausgeschlossen, weil es nicht der geforderten Form entsprochen habe.

Vorgeschrieben gewesen sei die Abgabe der Angebote in Textform. Die in § 11 EU Abs. 4 VOB/A 2019 vorgesehene Textform i. S. v. § 126 b BGB verlange, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere, zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werde. Dabei müsse die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierdurch solle das Ende der Erklärung kenntlich gemacht und das Stadium des Entwurfs von dem der rechtlichen Bindung abgegrenzt werden. Der Abschluss der Erklärung sei auf verschiedene Weise möglich, etwa durch Namensnennung am Textende, Faksimile, eingescannte Unterschrift, den Zusatz „diese Erklärung ist nicht unterschrieben“, eine Datierung oder eine Grußformel. Der Formzwang solle Klarheit über den Inhalt und die Verbindlichkeit gewährleisten.

Vorliegend habe die Antragstellerin in ihrem Angebot weder die Person des Erklärenden genannt noch den Abschluss der Erklärung kenntlich gemacht. Vielmehr habe sie das Angebotsformular unausgefüllt auf die Vergabeplattform hochgeladen. Nach dem Willen der Auftraggeberin sei das Angebotsformular aber die maßgebliche Erklärung, aus der sich ergebe, dass das Angebot eindeutig und nachprüfbar dem Bieter zuzuordnen sei und der Bieter den gesamten Angebotsinhalt rechtsverbindlich erkläre. Das Angebotsschreiben diene gerade dazu, den Inhalt des aus mehreren Teilen bestehenden Angebots als verbindlich zu erklären. Dass dem Angebotsschreiben diese Wirkung zukommen solle, lasse sich aus dem ausdrücklichen Hinweis auf Seite vier des Formblattes entnehmen, ein elektronisch übermitteltes Angebot in Textform, bei dem der Name der natürlichen Person, die die Erklärung abgebe, nicht angegeben sei, werde ausgeschlossen.

Die Antragstellerin habe zwar Angebotsteile, etwa das Kurzleistungsverzeichnis, wie vorgegeben ausgefüllt und den Erklärenden, dessen Namen und Funktion angegeben. Allerdings enthielten die eingereichten Angebotsunterlagen keine dem vorgegebenen Angebotsvordruck vergleichbare, das gesamte Angebot der Antragstellerin umfassende Erklärung. Diese Funktion erfülle auch das Deckblatt nicht, das zwar Angaben zum Bieter, die Angebotssumme, das Datum des Angebotsschreibens und den Namen des Erklärenden aufweise, nicht aber den gesamten Angebotsinhalt, wie er in dem Angebotsanschreiben erfasst sei, und keine Erklärung, wonach der Bieter den gesamten Angebotsinhalt rechtsverbindlich erkläre. Zudem habe die Auftraggeberin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die dortigen Angaben diejenigen im Angebot nicht ersetzten. Eine eindeutige Zuordnung sei auch nicht damit verbunden, dass die Antragstellerin die Daten über eine Vergabeplattform hochgeladen habe und diese anschließend nicht mehr veränderbar seien. Denn dies stelle nicht sicher, dass der Bieter zweifelsfrei erkläre, der gesamte Angebotsinhalt einschließlich sämtlicher beigefügter Erklärungen stamme von ihm und würde für rechtsverbindlich erklärt. Diese Funktion erfülle vorliegend allein das Angebotsschreiben, da eine vergleichbare umfassende Erklärung der Antragstellerin nicht mit den Angebotsunterlagen eingereicht worden sei.

Ob die Auftraggeberin dadurch, dass sie die Art der Kennzeichnung nicht den Bietern überlassen, sondern die Angabe des Namens verlangt habe, das Schriftformerfordernis nach §§ 13 EU Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 11 EU Abs. 4. VOB/A 2019 verschärft habe, sei unerheblich. Denn eine entsprechende Rüge gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB wäre präkludiert, weil die Antragstellerin den Verstoß bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe habe rügen müssen, dieses aber nicht erfolgt sei.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei ein Nachprüfungsantrag ausgeschlossen, wenn der Bieter Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen seien, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt habe. Die Antragstellerin habe den angeblichen Verstoß aber erst nach Angebotsabgabe gerügt.

Dass das Verlangen nach dem Namen des Erklärenden möglicherweise nicht vergaberechtskonform gewesen sein könne, sei aus den Vergabeunterlagen auch ohne vertiefte vergaberechtliche Kenntnisse erkennbar gewesen. Die Voraussetzungen der Textform beschreibe § 126 b BGB eindeutig. Verlangt werde danach lediglich eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger, die die Person des Erklärenden enthalte.

Zwar dürfe ein Angebot nur ausgeschlossen werden, wenn die Vergabeunterlagen so eindeutig formuliert seien, dass der Bieter diesen entnehmen könne, welche Erklärungen von ihm abzugeben seien. Unklarheiten hätten insoweit jedoch nicht bestanden. Aus dem Angebotsformular habe sich mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, dass der Name des Erklärenden die Erklärung bei einem in Textform abzugebenden Angebot abschließen müsse. Vorliegend sei der Name des Erklärenden in dem Angebotsschreiben gar nicht aufgeführt. Die Auftraggeberin habe durch die drucktechnisch hervorgehobenen Hinweise unterhalb des Kastens auf Seite 4 des Formblatts hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass das Angebotsschreiben mit Nennung des Namens des Erklärenden abzuschließen sei.

Praktische Auswirkungen:
Der Fehler ist nicht heilbar, denn ein Nachfordern eines (ordnungsgemäß) ausgefüllten Formblattes kommt nach § 16 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2019 in Fällen wie hier, in denen das Angebot nicht die vorgeschriebene Form einhält, nicht in Betracht.

(Quelle: VOBaktuell Heft IV/2020
Ass. jur. Anja Mundt)